Bei eurer Diskussion überseht ihr meiner Meinung nach einen wichtigen Faktor, wenn es um Open World-Spiele geht: Die Gewichtung von Spielelementen. All die genannten Spiele bieten wunderbar gestaltete, atmosphärische Welten, in die man eintauchen kann...und all diese Spiele bieten Beschäftigungstherapie en masse. Ob es die unzähligen Banditencamps in einem (modernen) Assassin's Creed sind, die mit Icons zugeschissenen Maps eines Witcher 3 oder die unsäglichen MMO-Quests eines Zelda: BOTW - all diese Spiele haben dieselben Probleme. Aber sie verteilen Aufgaben und Spielelemente unterschiedlich - um es vereinfacht zu formulieren: in einem Assassin's Creed findet man alle fünf Meter einen Aussichtspunkt, in einem Horizon Zero Dawn findet man im gesamten Spiel fünf.
Aber das stützt doch eigentlich meinen Punkt, dass Horizon (und BOTW) was anders macht, dass bei den Leuten noch mehr funkt als die Ubi-Spiele. Dass alle Spiele ein ähnliches Open-World-Konzept haben, aber die Unterschiede in den Details liegen, die das eine Spiel mehr herausragen lassen als das andere.
Ubi haben mit Assassin's Creed die Blaupause für moderne Open World-Abenteuer geliefert und damit auch den Weg für Spiele wie Zelda: BOTW und Witcher 3 geebnet. Wenn ich hier lese, die Reihe hätte keine eigene Identität oder würde sich nur bei anderen Spielereihen bedienen, dann kann ich nur den Kopf schütteln - die genannten Spiele würden ohne Assassin's Creed ganz anders aussehen.
Dass die (modernen) AC-Spiele sich dann wiederum bei den Spielen, die sie beeinflusst haben, Dinge abschauen, macht sie nicht direkt zu identitätslosen Kopien. So funktioniert Kunst nun mal.
Es ging ja auch nur um Origins und Odyssey. Und die wurden stark geprägt von The Witcher. Das haben die Entwickler von ja sogar zugegeben.
Dass The Witcher und andere Serien sich vorher von Ubisoft (und vielleicht Rockstar, Bethesda und anderen) haben inspirieren lassen, streite ich gar nicht ab. Ganz im Gegenteil. Wenn man lange genug in den AC-Threads wühlt, findet man garantiert Posts von mir die genau das aussagen, weil es schon spätestens seit dem Erscheinen von AC Odyssey meine Meinung ist, dass TW3 sich von Ubisoft hat inspirieren lassen und Ubisoft dann von TW3. Ich bin mir auf jeden Fall zu 99% sicher, dass ich das so in der Art schon mal hier geschrieben habe.
Das ist ja auch nicht verwunderlich, da es gar nicht so viele Open-World-Konzepte gibt. Entweder geht es in Richtung Ubisoft und Rockstar oder in Richtung Bethesda und Piranha Bytes.
Dennoch finde ich schon, dass die Ubisoft-Spiele in den letzten Jahren ihre Identität verloren haben. AC und vielleicht auch Far Cry und Watch Dogs waren mal Vorreiter im Open-World-Genre, bedienen sich aber in letzter Zeit immer mehr bei anderen als wirklich Neues zu erfinden. AC ist im Grunde seit Unity in einer Dauer-Identitätskrise, weil jedes Spiel oder jedes zweite Spiel, wenn man die Entwicklungszeit beenkt, nur eine Reaktion auf die Kritik an Vorgängern waren. Syndicate ist eine Reaktion auf Unity. Valhalla eine Reaktion auf Odyssey. Mirage eine auf Valhalla.
Mal ist AC ein bisschen RPG, dann noch mehr RPG, dann noch weniger RPG als beim ersten Mal. Und dann plötzlich wieder Action Adventure pur.
Momentan recycelt man sich entweder selbst oder bedient sich an Ideen anderer. Das gilt eigentlich für viele AAA-Spiele, weil das finanzielle Risiko einfach zu groß ist. Da kann teilweise wirklich was Gutes bei rauskommen, aber gleichzeitig ähneln sich fast alle AAA-Produktionen inkl. AC immer mehr, weil sie ähnlichdn Trends folgen, weshalb die Identitäten immer stärker verschwimmen.
Ich gehe sogar noch weiter und würde behaupten, Ubisoft hat das Open-World-Konzept erst erfunden!
Okay, man kann kann sich darüber streiten, ob nun Assassin's Creed oder GTA zuerst da war. Das ist wie die Frage nach der Henne und dem Ei.
GTA 3 ist von 2001, Vice City von 2002 und San Andreas von 2004. Assassin's Creed ist von 2007.
Das braucht man nicht drüber streiten, was früher da war. Die ersten 3D-Open-World-GTAs kamen vor AC. Grade in den frühen ACs findet man in den sehr rigiden Missionsstruktur noch sehr viel GTA-DNA.
Und dann gäbe es da auch noch Gothic (2001) und Morrowind (2002), die Open Worlds maßgeblich vor Ubisoft geprägt haben und deren Elemente man dann in späteren ACs zumindest im Ansatz finden konnte.
Ubisoft hat in den späten 2000ern und den frühen 2010ern das moderne Open-World-Konzept stark mitgeprägt, aber erfunden haben die 3D-Open Worlds andere.
Vielleicht erlebe ich ja noch den Tag wenn die Hersteller anfangen einen Urlaubs-Walking-Modus in ihre Schöne-Welten-Spiele mit einzubauen wo man einfach nur die Seele baumeln lassen kann und nicht gezwungen ist immer wieder NPC zu töten.
Nennt sich Discovery Tour und kann man für Origins, Odyssey und Valhalla sogar einzeln laufen.