Lies of P
Der zweite Durchgang in recht kurzer Zeit, diesmal auf dem PC. Normalerweise zocke ich Spiele dieser Art nur einmal durch und dann höchstens erst einige Jahre später wieder.
Lies of P bildet die Ausnahme.
Mir haben hier schon immer die Atmosphäre und das Setting gefallen; ich finde die Präsentation ansprechend und relativ einzigartig für dieses Genre. Was mich aber wahrscheinlich am meisten beeindruckt hat, ist wie rund das gesamte Spielerlebnis ist.
Das Pacing ist stark; die "Levels" sind zwar relativ linear und vergleichsweise klein, aber dadurch wird ein angenehmer Spielfluss erzeugt, der auch den Wiederspielwert steigert. Die Bereiche sind in den meisten Fällen direkt miteinander verbunden, so dass die Spielwelt trotz der Linearität groß und glaubhaft erscheint. Und da es recht viele dieser Bereiche gibt und sie häufig ihren eigenen Charakter haben, wird sie auch nicht langweilig.
Die Gegnervielfalt ist nicht überragend, aber genau richtig gewählt, so dass - auch hier - keine Langeweile aufkommt. Selbst wenn sich Gegnerarten wiederholen, so kommen sie meistens in veränderter Form wieder und stellen damit eine neue Herausforderung dar. Die Bosskämpfe sind natürlich das Highlight. Diese sind (ohne Hilfe des Spirits, den man vor jedem Boss herbeirufen kann) stellenweise bockschwer, aber stets erfüllend (Zum Glück haben die Macher etwas am Schwierigkeitsgrad gefeilt, denn zum Release waren einige Bosse ohne Hilfe etwas zu fies.)
Die Geschichte drängt sich nicht auf und man darf in bester Souls-Like-Manier miträtseln, es gibt aber einen unterhaltsamen Hauptplot mit sympathischen Figuren, so dass die Story nicht bloß aus dem Zusammenfügen von Puzzleteilen - bestehend aus Itembeschreibungen und dem kryptischen Gefasel zwielichtiger Nebenfiguren - besteht, wie man es von den großen Vorbildern kennt. Und im letzten Drittel zieht die Erzählung dann deutlich an, mit Ereignissen, die mich (auch im zweiten Durchgang) sogar etwas berührt haben.
Lies of P ist ein Spiel, bei dem ich das Gefühl habe, dass eine bestimmte, zwar von verschiedenen - mal mehr, mal weniger offensichtlichen - Werken beeinflusste, eigene Vision verfolgt und durchgezogen wurde, von Entwicklern, die sich ihrer Fähigkeiten bewusst waren. Es mag komisch klingen, aber das Spiel wirkt auf mich kompetent und effizient.
Viel zu oft habe ich in letzter Zeit Spiele gezockt, bei denen ich das Gefühl hatte, dass die Macher zu viel wollten, oder dass sie hätten mehr machen können; Spiele, denen man angemerkt hat, dass zu wenig Zeit oder zu viel Zeit da war, Projekte mit zu wenig oder zu viel finanzieller Unterstützung. Das gilt selbst für die großen, extrem populären Titel, die
Lies of P beeinflusst haben: ein
Elden Ring zum Beispiel hätte mit einer 20% kleineren Spielwelt und ohne das ständige Recyclen von Gegnern sowie Bossen besser funktioniert.
Nier Automata und
Replicant wären einnehmender, wenn sie nicht so altbacken und einfallslos aussehen würden, und sie wären schlichtweg unterhaltsamer, wenn die Kämpfe Tiefgang besitzen würden.
Lies of P bildet die Ausnahme. Es ist für mich eines der rundesten, unterhaltsamsten und in gewisser Hinsicht eindrucksvollsten Spiele der letzten Jahre.