Chernobylite (Steam, PC)
Habe mich gut unterhalten gefühlt. Die Story hat was und der Twist am Ende war noch mal ein kleines Sahnehäupchen oben drauf. Ich habe mit meiner Vermutung, wie sich dieser spezielle Teil der Story auflösen wird, auf jeden Fall falsch gelegen.
Das Spiel bietet als gesprochene Sprachen nur Russisch und Englisch. Deutsch als Untertitel. Ich hatte mich für Russisch entschieden. Der Immersion wegen (muss man natürlich mögen) und außerdem hat für mich die englische Sprachausgabe des Protagonisten nicht wirklich zu seinem Alter gepasst.
Die Gefährten Igors und deren Hintergrundstorys dagegen sind fast durchweg gut gelungen. Mein persönlicher Favorit war unangefochten Mikhail, bei dem ich öfter während der Sprachsequenzen lauthals lachen musste. Bauernschläue trifft auf Wissenschaftler. Da ergaben sich "interessante" Dialoge. Oder die Händler in Pribyat. Gespräche über YouTube oder Gordon Gecko aus Wallstreet waren ebenfalls speziell. Mehr möchte ich nicht spoilern.
Leider werden die Dialoge mit den Händlern im Laufe des Spiels dann eintönig, weil die Figuren ihre Geschichten immer wiederholen. Irgendwo schade, aber es ist von der Tiefe des Spiels eben kein Witcher, Cyberpunk oder Red Dead Redemption. Kann es auch gar nicht sein, weil allein die Mitarbeiterzahl nur einen Bruchteil dessen umfasst, was z.B. CDPR zur Verfügung stand.
Die eigentliche Story rund um die Suche von Igor nach seiner verschwundenen Verlobten Tatjana kam bei mir öfters ins stocken, weil mich das crafting von Materialien und das versorgen der Gefährten mit Nahrung abgelenkt hat. Den Weg, den ich eingeschlagen habe, muss man nicht zwangsläufig gehen. Ich hatte gegen Ende des Spiels alles gebaut, was das Spiel hergibt. Absolut nicht notwendig. Aber ich wollte es eben so. Was man wirklich benötigt und was eher überflüssig ist, lernt man relativ schnell im Laufe des Spiels. Und wenn man stirbt, tja...dann ist man nicht wirklich tot. Hört sich komisch an, ist aber so.
Allerdings verliert man dann immer einen Teil seiner Ausrüstung. Also Waffen, Rüstung, gesammelte Items etc pp. Was und wie viel einem weggenommen wird, ist absolut zufällig vom Spiel festgelegt. Da kann es dann schon mal vorkommen, das man seinen Rucksack mit dringend benötigen Ressourcen schön voll hat und genau die Ressource, welche man unbedingt gebraucht hat, weg ist. Also am Anfang vor allem auch Ablagemöglichkeiten in der Basis schaffen, um nie mit gefülltem Rucksack in eine neue Mission gehen zu müssen. Denn der schwarze Stalker kann immer und kommt auch immer. Wirklich immer. Also in jede neue Mission.
Spielzeit? Laut Entwickler The Farm51 ist man bei stringenter Spielweise der Story und dem des Ausbau der Basis auf des Notwendigste in gut 20-25 Stunden mit Chernobylite durch. Ich denke mal, dass kommt ganz gut hin.
Ich habe allerdings fast jeden Winkel der fünf verschieden Karten abgegrast, alle Kräuterlis, Elektronikteile, brennbaren Teile usw. gesammelt, die ich finden konnte und mir alle Dialoge in Ruhe und ohne skippen reingezogen. Nachdem ich bereits über 10 Stunden in der Early Access Version auf der Uhr hatte, habe ich das Game nochmal neu angefangen, als es zur Vollversion wurde. Alles in allem habe ich am Ende gut 45 Stunden in Pribyat und Umgebung verbracht. Für einen Preis von damals 30€ ein für mich angemessener Gegenwert.
Der Support seitens der Entwickler verdient für mich ebenfalls noch ein Wort der Anerkennung. Wöchentliche Berichte rund um das Spiel (Hintergrundwissen zur Location, zur Entwicklung des Spiels usw.) und der Austausch im Steamforum, bei dem auch wirklich 2-3 Entwickler in Kommunikation mit den Spielern stehen (sofern zeitlich möglich), ist nicht alltäglich und empfand ich als äußerst angenehm. Auch die technische Qualität des Spiels war durchweg gut. Während der Early Access Phase hatte ich allerdings zwei Abstürze. In der Vollversion mit dem dazugehörigem Major Patch war davon dann nichts mehr vorhanden.
Was noch? Das Schießen ist nicht wirklich Shooter-like, sowie der Ausbau der Basis, das Erkunden und manche Steahltelemente fühlten sich öfter rudimentär an und hätten meiner Meinung nach ruhig weiter ausgebaut bzw. mit mehr Inhalt gefüllt werden können. Die Grafik dagegen sah zu einem Großteil hervorragend aus. Untertitel waren fehlerfrei und vollumfänglich. Die Steuerung mit Pad (Elite 2) für mich ohne Probleme. Wie der Port auf die Konsolen (PS4, One, PS5, Series S|X) aussehen wird, kann ich logischerweise nicht beurteilen.
Ironie des Schicksals: Die Last Gen Versionen sollten eigentlich morgen erscheinen, werden aber aufgrund von Problemen erst am 28. September releast. Oha, polnisches Entwicklerstudio und Probleme mit den Last Gen Konsolen. Da klingelt doch was!
Was bleibt? 45 Stunden gute Unterhaltung mit einem Game, dass technisch bei mir fehlerfrei lief (Vollversion), grafisch top ausschaut und dessen Geschichte, sowie die moralischen Elemente der Story, mir gut gefallen haben. Natürlich ist nix perfekt und einige Dinge abseits der Story fand ich nicht so gut umgesetzt. Trotzdem: Kann man als kleines Entwicklerteam durchaus so machen und - so man an diesem Genre Interesse findet - als Spieler auch so kaufen. Für mich wars lohnenswert. Danke The Farm51