Für diejenigen, die nicht ganzen Text lesen wollen, hier die Kurzzusammenfassung:
Sind kostenpflichtige New-Gen-Upgrades gerechtfertigt? Möglicherweise.
Sind sie eine gute Idee? Eher nicht.
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Ich würde nicht sagen, dass es grundsätzlich nicht gerechtfertigt ist, aber ich sehe das sehr kritisch. Es muss schon was drinstecken, damit das überhaupt gerechtfertigt ist.
Und da kommt für mich der kritische Punkt hinzu. Immer weniger Spiele sind heutzutage so konzipiert, dass sie am Launchtag oder im Launchmonat wirklich fertig sind. Bei Indiespielen mag das desöfteren noch der Fall sein, aber man findet mittlerweile immer weniger AA- und AAA-Spiele, die Post-Launch-Support oder irgendeine Form von Roadmap auskommen.
Und da stelle ich mir dann schon die Frage, wie es ein kann, dass man Features, die zum Launch längst hätten drin sein sollten, einfach so kostenlos nachliefern kann, aber dann für Next-Gen-Support plötzlich Geld will. Ein Fotomodus oder gar neue Spielmodi sind ganz sicher mit mehr Aufwand verbunden als eine Erhöhung der Auflösung und der Framerate. Und wahrscheinlich auch noch aufwändiger als höher aufgelöste Texturen, die oftmals wegen der PC-Versionen schon vorhanden sind.
Für mich ist das schon eine besondere Form der Dreistigkeit, wenn die Spieleindustrie immer unfertigere Spiele auf den Markt wirft und dann auch nochmal für New-Gen-Upgrade abkassieren will. Ist es nicht genug, dass von uns Kunden immer mehr erwartet wird, dass wir Vorlage gehen und ein Spiel für teuer Geld kaufen, dass iiiirgendwann mal fertig ist?
Wreckfest ist da für mich schon wirklich ein Extrembeispiel, da man das Upgrade nur durch die Hintertür als kostenpflichtiges Addon anbietet, um Microsofts Smart Delivery-System zu umgehen. Und nicht nur das. Da das ein Addon ist, muss man Old-Gen-Basisspiel, ohne das das Addon nicht funktioniert, auch noch auf der Konsole behalten, was unnötig Platz verschwendet. Und dann nutzt man auch noch weitere fadenscheinige Taktiken, um das Addon zu verkaufen. So hat das Basisspiel schon ein Gen9-Aware-Upgrade bekommen, das auf der Series X höhere Auflösung und 60fps ermöglicht. Nur wird auf der Series S mit diesem Update wiederum nur die Auflösung auf für diese Konsole irrsinnige 4K erhöht, anstatt 1080p60 zu ermöglichen, so dass Series S-Spieler genötigt sind, für 60 fps das Upgrade für 9,99€ zu kaufen. Ein Upgrade wohlgemerkt, dass auf der Series X dann wiederum dazu führte, dass sie 60fps in der Launchversion des Updates nicht mehr gehalten wurden.
Im Endeffekt hat man also zum Launch der New-Gen-Version für ein Upgrade bezahlt, dass zwar bessere Assets geboten hat, aber ansonsten erstmal ein Downgrdade war, das mit weiteren Updates erstmal gefixt werden musste. Und interessanterweise konnten die 4K/60 bzw. 4K/30 ja kostenlos geliefert werden, so dass man sich schon die Frage stellen, was da jetzt wirklich so aufwändig ist, dass man dafür 9,99€ verlangen muss.
Davon abgesehen muss man das als Entwickler auch mal so sehen, dass das kostenlose Angebot einer New-Gen-Version auch eine Kundenbindungsmaßnahme ist. Im Falle von Wreckfest hat Bugbear von Anfang an verstanden, dass es für diese Art Spiel essentiell ist, gewisse "Post-Launch-Inhalte" kostenlos anzubieten, damit as Spiel eine möglichst lange Lebensdauer hat und auch langfristig neue Kunden anzieht.
So sind die ganzen Strecken im Spiel kostenlos, was ein künstliche Barriere zwischen Spieler verhindert, da diese im Multiplayer ohne Probleme miteinander spielen können. Im Gegenzug bietet man kosmetische Items und Autos für vergleichweise hohe Preise kostenpflichtig an. Und aufgrund der vielen kostenlosen Inhalte sind die Spieler durchaus motiviert, diesen Post-Launch-Support auch zu unterstützen, indem sie die kostenpflichtigen Inhalte kaufen, obwohl sie eigentlich eher überteuert sind. Denn das Erstellen von neuen Strecken ist bedeutend aufwändiger als das Erstellen neuer Autos.
Minecraft ist hier eigentlich das Paradebeispiel. Die spielentscheidenden Inhalte und auch die Upgrades von Konsolengeneration zu Konsolengeneration sind kostenlos, während die optionalen kosmetischen Inhalte kostenpflichtig sind. Und dieses System funktoniert. Obwohl gefühlt fast alle Konsolenbesitzer Minecraft schon besitzen müssten, verkaufen sich die Konsolenversionen immer noch blended, weil immer neue Spieler angezogen werden. Und auch der Marktplatz mit den kosmetischen Items scheint gut zu laufen, da immer neue Inhalte erscheinen, was nicht der Fall wäre, wenn sich das Zeug nicht verkaufen würde.
New-Gen-Upgrades sind sicherlich mit Aufwand verbunden, den man als Entwickler gerne bezahlt sehen würde. Aber man muss halt auch betrachten, welche Art Spiel man anbietet und in welchem Umfeld. Wenn man eine Form von Service-Spiel anbietet, sollte man sich das ganz genau überlegen, ob man Spieler neben MTX, DLCs und einem Season Pass oder gar mehreren Season Pässen auch noch für diese Art Upgrades zur Kasse beten will.
Das sieht einfach nicht gut aus. Und es sieht vor allem nicht gut aus, wenn die Konkurrenz besser (also kostenlose) Angebote macht. Manchmal muss man als Unternehmen halt auch mal kurzfristig investieren oder Kosten schlucken, um langfristig Erfolg und ein gutes Image zu haben.
Ich bringe da auch einfach nochmal ein anderes Beispiel: MUSS ein Autohaus z.B. Zeitungen/Zeitschriften auslegen und einen Kaffee anbieten, während man dort auf TÜV-Prüfung oder den Reifenwechsel wartet? Nein, muss es nicht. Das sind eigentlich unnötige Kosten. ABER es gibt den Kunden halt ein gutes Gefühl und führt dazu, dass man dort vielleicht lieber Kunde bleibt als bei einem Autohaus, das diese eigentlich unnötigen Services nicht anbietet.
