Die Neugier hat dann doch irgendwie überwogen, daher ein paar kurze Impressionen.
Vorweg: WRC 5 hatte ich via Game Pass gespielt. Das flog nach 30 Minuten wieder von der Platte. WRC 7 fand ich gut, aber die Physik und die Steuerung ließen immer noch Wünsche offen. Dirt Rally 2.0 ist für mich bis dato spielerisch der Klassenprimus, aber in vielen anderen Bereichen (Grafik auf One S, Online-Zwang, miese Karriere, DLC-Politik) ist das Spiel teilweise echt ein Graus.
Und V-Rally 4, das von Kylotonn zwischen WRC 7 und 8 veröffentlicht wurde, hatte großartige Ansätze z.B. beim Streckendesign, aber die Fahrphysik war leider wirklich, wirklich grottig.
WRC 8 hab ich jetzt so um die 4 Stunden lang angespielt. Anfangs mit dem Lancia Fulvia, der mir aber - wie auch in anderen Rallyspielen (u.a. DIrt Rally 2) einfach zu schwammig ist, später dann mit dem Alpine aus der Deluxe Edition, den ich als gutes Vergleichskriterium empfand, weil er halt in vielen Rallyespielen enthalten ist - vor allem auch in V-Rally 4 und DR 2.0.
Und ich muss sagen, dass ich wirklich beeindruckt bin. Wenn man bedenkt, wie mies sich die Kiste in V-Rally 4 gefahren hat, ist das ein Unterschied zwischen Tag und Nacht. Im Vergleich zu VR4 wirklich das Gefühl, dass das Auto Gewicht und vor allem auch auf der Straße liegt und nicht nur total schwabbelig über der Strecke schwebt. Das Anspruchsverhalten ist nach einigen minimalen Anpassung in den Steuerungsoptionen gut. Das Fahrverhalten ist nachvollziehbar. Und vor allem macht es eine Menge Spaß.
Von der Physik und der Steuerung her macht das Spiel ein wirklich sehr guten Eindruck, was auch daran liegt, dass es diesmal weitaus mehr Optionen zum Kalibrieren der Steuerung gibt. Ob sich das noch ändert, muss man sehen, wenn ich mal andere Fahrzeuge ausprobiere, aber der Alpine hat mich jetzt mal wirklich überzeugt.
Was die Grafik betrifft, ist WRC8 auch ein deutliche Weiterentwicklung von WRC7. Sie mag jetzt sicherlich nicht den höchsten Standards genügen, da ich die Grafik auf X und Pro auch nicht beurteilen kann. Aber auf einer One S sieht es meiner Meinung nach deutlich besser aus als DR 2.0. Klar, es läuft nur mit 30 statt 60fps, aber da das Bild von DR 2.0 vor allem in der Mitte des Bildschirms, auf dem man sich meist fokussiert, oftmals extrem vermatscht und vor allem Bäume teilweise gruselig aussehen, ist das ein annehmbarer Kompromiss, da WRC8 für mich ein angenehmeres und weniger anstregendes Bild produziert.
Was für mich die Grafik von WRC8 vor allem beeindruckender macht, ist die Tatsache, dass das Spiel einfach eine viel größere Detailfülle hat. In Dirt Rally 2.0 können die Streckenumgebungen manchmal wirklich sehr kahl aussehen, während WRC8 mit unheimlich viele kleine Details aufwartet, die die Strecken lebendiger machen. Das fängt bei Büschen und Bäumen an und endet bei diversen Kleinigkeiten wie Streckenbegrenzungen und Markierungen.
Auch das Lichtmodell gefällt mir besser als bei DR2.0. DR 2.0 hat teilweise wirklich schlimme Lichtverhältnisse, bei denen man regelrecht in eine dunkle Wand reinfährt und gar nichts mehr sieht. Das kann man auch nicht durch Scheinwerferlicht ausgleichen. In WRC8 gibt es solche Stellen auch. Die Deutschland-Rallye hat einige sehr dunkle, durch Schatten entstehende Waldpassagen, die nur schwer einsehbar sind. Aber hier kann man tatsächlich durch die Scheinwerfer für einen Ausgleich sorgen, was ich als sehr angenehm empfand.
Der beeindruckendste Teil der Kylotonn-Spiele (selbst VR-4) bleibt aber das Streckendesign. Das Design in DR 2.0 ist wirklich nicht schlecht, aber vergleicht man es mit der WRC-Serie, hat man immer noch das Gefühl, dass der Lehrling hier dem Meister hinterherhinkt. Die Etappen in WRC8 sind extrem anspruchsvoll, abwechslungsreich und vor allem organisch. Was WRC8 hier auffährt, ist derzeit einfach Genrereferenz.
Und vor allem zieht sich da durch alle Spielmodi. Es gibt weit über 20 kurze Teststrecken mit ca. 30 bis etwas über 60 Sekunden Fahrzeit, die alle superviel Spaß machen und jeweils einen anderen Trainingsfokus (unterschiedliche Beläge, einfache Kurven, schwere Kurven, Haarnadelkurven etc.) haben und mit denen alleine man schon Stunden verbringen kann. Dazu gibt es noch ein wirklich riesiges Free-Roam-Trainingsgelände, das man zwar nicht Querfeldein erkunden kann, das aber ein ziemlich komplexes Netz an Routen hat, die zudem alle durch unterschiedliche Umgebungen (Lagerhallen, Dorfstraßen, Landstraßen) mit unterschiedlichen Profilen führen. Auch auf diesem Spielplatz kann man wahrscheinlich Stunden investieren. Und dann gibt es natürlich noch die 14 unterschiedlichen Rallyes, von denen 4 (Monte Carlo, Argentinien, Chile, Deutschland) komplett neu oder komplett überarbeitet sind, während ein paar andere zumindest ein paar kleinere Änderungen erhalten haben. In Sachen Umfang und Qualität der Strecken lassen die WRC-Macher ein Dirt Rally ohne DLCs mal mächtig im Regen stehen.
Den überarbeiteten Karrieremodus und diverse andere Aspekte des Spiels konnte ich bis jetzt noch nicht unter die Lupe nehmen. Mag sein, dass da noch einige böse Überraschungen warten, aber ich hab nach den ersten paar Stunden das Gefühl, dass Kyltonn hier wirklich was Besonderes geschaffen haben könnte, das zwar nicht perfekt ist, aber sich diesem Punkt immer weiter annähert. Wenn man bedenkt, was für ein Schrott WRC5 war, ist die Entwicklung, die Kyltonn hier in den letzten Jahren vollzogen hat, auf jeden Fall beeindruckend.
Aber selbst wenn ich am Ende noch Schattenseiten zeigen sollten und ich mit anderen Fahrzeugen so gar nicht klarkommen sollte, würde ich das Spiel wahrscheinilch nicht als Fehlkauf bezeichnen, da ich bisher alleine mit dem Alpine mehr Spaß hatte als mit dem kompletten V-Rally 4.