Castlevania Lords of Shadow 2 (PC)
Der viel gescholtene 3. Teil der Lords of Shadow-Reihe (LoS->MoF->LoS2) - das letzte neue Castlevania aus dem Jahr 2014.
MercurySteam, what were you thinking? Viele Designentscheidungen und -änderungen sind wirklich so eine Sache ... die wunderschönen, festen Kameraperspektiven, die MercurySteams grandiose Kameraarbeit perfekt entgegenkam, wurde ersetzt durch eine relativ gewöhnliche Kamera hinter dem Protagonisten. Lustigerweise gibt es immer wieder Szenen - etwa wenn man sich wieder zum Vampir verwandelt, nachdem man als Ratte rumgekrabbelt ist -, wo die Kamera eindeutig in eine "feste" Position geht, so als sei mal geplant gewesen, diese zu verwenden, nur um dann wieder hinter einen zu wandern.
Natürlich kommt die neue Perspektive dem neuen Leveldesign entgegen: Es hat deutlich mehr Metroidvania-Anleihen, mit größeren Gebieten, die alle miteinander verbunden sind und die man immer wieder besuchen kann. Trotzdem bleib ich dabei, dass dadurch etwas verlorengeht. Die ganzen gothischen Gebäude etc. sehen immer noch super aus, werden aber nicht mehr ganz so zelebriert. Es ist aber nicht so, als würde mit der Kamera gar nicht mehr gespielt werden ... hin und wieder wird die Kamera schon etwas umgestellt, um die Umgebung in Szene zu setzen, und das ist dann meistens wirklich toll.
Was hat sich im Vergleich zum ersten Teil getan? Alles fühlt sich besser an: Egal ob es das Klettern ist oder das Kämpfen, it's smooth as fuck now. Daher machte mir das Kämpfen hier deutlich mehr Spaß. Es gibt besser designte Gegner und die Bosse sind meistens ebenfalls besser. Man kann außerdem die Quick Time Events abschalten, die dann automatisch bewältigt werden - danke, so'n Quatsch brauch ich wirklich nicht!
Allzu viele neue Fähigkeiten gibt es allerdings nicht, was gerade im Hinblick auf den größeren Fokus auf Metroidvania-Leveldesign etwas merkwürdig erscheint. Generell ist dieser Aspekt des Spiels nicht gerade das Gelbe vom Ei. Die Welt ist, jedenfalls für meinen Geschmack, dafür etwas zu zerstückelt (was sicher daran liegt, dass man eine sehr gute Grafik abgeliefert hat, die sowas in der Zeit bedingte) und ganz so geil fühlt sich das eh nicht an, Pickups in der Welt zu finden. Mehr als Upgrades für HP, Light und Shadow Magic gibt's eigentlich nix. Ich fands schon im ersten Teil blöd, dass man 5 Sachen sammeln musste für 1 Upgrade. Das ist zu viel, damit sich das gut anfühlt.
Es gibt noch ein Sammelitem, um Challenges freizuschalten, was für ein Scheiß. Die bekannten Leichen mit Lore-Texten gibt es auch noch. Außerdem kann man noch Artworks finden ... jup ... Artworks. Versteht mich nicht falsch, ich hab nix gegen freizuschaltene Artworks, und ich hab mich da auch mit Freuden durchgeklickt, aber ich finde, sowas sollte über "out of the game"-Aspekte freigeschaltet werden, also z.B. durch das Durchspielen oder durch beendete Kapitel, nicht als pickup in der Welt.
Wenn ich jetzt schon beim Meckern angekommen bin, kommen wir mal zum Elefanten im Raum: Den Stealth-Sektionen. Ich hab an sich gar nichts gegen Stealth, und ich kann sogar damit leben, dass unser Protagonist hier, im Jahre 2057, Feinde haben kann, die ihn zermalmen können, ohne dass er sich wehren kann. Aber wenn ich Stealth als integralen, immer wieder vorkommenden Teil meines Spiels einbaue ... dann muss das sich auch so anfühlen. Stattdessen fühlt sich jede Stealth-Stelle hier an wie in einem dahergelaufenen Zelda, wo das 1-2x in 50 Stunden vorkommt. Die Scheißigkeit solcher Stealth-Stellen kann man da verschmerzen, aber nicht hier, wo es immer wieder vorkommt. Die Idee war wahrscheinlich, dass man eine Auflockerung im Gameplay - oder Abwechslung - bieten wollte, denn Lords of Shadow besteht in der Regel "nur" aus dem Wechsel zwischen Kämpfen, Klettern und Puzzles (was es hier alles natürlich auch gibt). Diese neuen Stealth-Stellen sind nicht groß, meistens kann man sie in 5-10 Minuten beenden ... aber mein Gott nerven die und sind die unspaßig. Es wird spielmechanisch schlicht nicht genug geboten, um die Häufigkeit zu rechtfertigen. So verkommen diese Stellen zu Bremsklötzen, die dem Pacing mehr schaden als durch Abwechslungs hilfreich zu sein. Außerdem gibt es, obwohl ich oben bereits das Gegenteil sagte, dort auch narrative Fallstricke, wie mir in diesem Thread ebenfalls schon gesagt wurde. Es gibt eine (beschissene) Stealth-Sektion, nach deren Bewältigung man den Gegner, vor dem man sich dort versteckt, als Bosskampf bekämpft. Warum nicht gleich so? Erschwerend zu diesen Bremsklötzen kommt hinzu, dass es, zumindest meinem Gefühl nach, mehr Cutscenes gibt. Gerade im ersten Drittel kann man teilweise keine 20 Meter laufen ohne ständig irgendeine Unterbrechung hinnehmen zu müssen. Lass mich doch spielen, man!
Mit dem Setting im Jahr 2057 musste ich mich auch lange arrangieren. Unseren Protagonisten, den ich extra nicht bei einen seiner Namen benenne, weil es quasi ein Spoiler für LoS ist, in modernen Straßen rumlaufen zu sehen ... ich find das durchweg falsch. Und es liegt nicht am Setting an sich: Man kann Vampire locker in unsere Zeit oder in eine nahe Zukunft bringen. Wie gut das funktioniert zeigen Vampire The Masquerade-Pen and Paper und -Videospiele. Aber hier will es mir einfach nicht so recht passen .... was vll auch an den Klamotten des Protagonisten liegt. Zum Glück ist man trotzdem oft genug in gothischen Gemäuern unterwegs xD
Nach etwa der Hälfte fing das Spiel an, mir immer mehr zu gefallen. Nachdem die Story in der ersten Hälfte ziemlich belanglos herumplätschert, kommen mit der Zeit interessante Wendungen und reveals. Schade ist, dass das Ende ziemlich öde ist, denn sowohl der letzte Boss als auch die Cutscene danach sind nicht gerade prickelnd. Generell merkt man den letzten 3 Stunden deutlich an, dass denen die Zeit ausging.
Oh, mighty Castlevania! Du bist so einflussreich, so groß, aber deine Verkaufszahlen sind sogar schlechter als die von Metroid! Ich will endlich ein neues Castlevania!
Trotz der eklatanten Schwächen von LoS2, einem enttäuschenden Ende und weniger geile Kameraarbeit, bin ich doch deutlich zufriedener mit dem Spiel als ich es erwartet hätte. Das liegt wahrscheinlich daran, dass das Core Gameplay sich nochmal deutlich smoother anfühlt. Daher komm ich am Ende - sehr knapp - bei der gleichen Wertung wie bei LoS raus, auch wenn es die 6 vll auch verdient hätte.
7/10