Bei vielen hier merkt man schon eine leicht negative Einstellung gegen google, ja ok jeder wie er will. Aber es glaubt doch niemand dass MS oder Sony usw. irgendwie "sozialer" sind oder?
Wenn ich hier lese dass google Dienste einfach schließt die nicht laufen aber MS macht sowas nicht? Und Sony hält natürlich auch immer sein Wort
Nunja, Google ist nunmal der erste Anbieter, der hier auf ein Modell setzt, bei man sich in vollkommene Abhängigkeit vom Anbieter gibt, weil es als Alternative/Ergänzung keine Downloads oder Discs gibt. Wären Microsoft oder Sony die ersten Anbieter, könnte man die gleichen Argumente gegen MS wegen der Einstellung von z.B. Groove oder Sony bringen, die bei PS Now diverse Geräte nicht mehr weiter unterstützen.
Und natürlich gerät Google auch allgemein etwas kritischer ins Visier, weil sie mit ihrer Suchmaschine, Youtube und Gmail schon ziemlich tief im Leben vieler Menschen verankert sind und ein weiter Google-Dienst natürlich bedeutet, dass man sich noch stärker an diesen Konzern bindet. Das könnte man sicherlich auch in etwas abgeschwächter Form (da z.B. Bing und Mixer nicht so dominant sind, Windows und Office wiederum) schon auf Microsoft ummünzen, aber grade Sony spielt in dem Leben der meisten Leute nicht so eine wichtige Rolle wie Google.
Was mir jetzt an der ganzen Sache wirklich übel aufgestoßen ist, war die ganze Integration von Youtube. Obwohl Google bisher nicht als Plattformanbieter für Spiele des klassischen PC-/Konsolenmarkts aufgetreten ist, haben sie bereits jetzt mit Youtube eine enorme Macht, diesen Markt zu beeinflussen, weil diese ganze Let's Play- und verstärkt auch die auch Streaming-Community vor allem über Youtube stattfindet. Und das ganze jetzt auch noch mit einer Plattform zu verbinden, auf der die Produkte nicht nur gezeigt und bewertet, sondern auch verkauft werden, löst in mir gewisse Bauchschmerzen aus, weil das enormes Potenzial dafür bietet, dass sich Google/Youtube, die Publisher und die Influener auf Youtube nur noch gegenseitig das Geld in die Tasche schieben und durch die Macht der Algorithmen immer gezielter bestimmte Produkte gepusht werden. Da könnte sich ein für den Kunden und die kleineren Studios, die nicht das Geld für eine große Marketingmaschinerie haben, ganz schnell ein sehr unangenehmer Kreislauf entwickeln, bei den die Konsumenten durch das Drücken auf die Hilfe-Taste z.B. gezielt zu Influecern geleitet werden, die wiederum Mikrotransaktionen, DLCS oder andere Produkte des gleichen Herstellers pushen. Dass Influencer regelmässig gesponserte Inhalte produzieren, ist ja nun wahrlich kein Geheimnis. Und diese ganze Hyperkonzentration von Diensten auf einer Plattform bietet da nochmal wesentlich ausgeklügeltere Einflussmöglichkeiten als wir sie bisher hatten.
Denn dass Google hier nicht einsteigt, um einfach nur gute Spiele machen, hat die KeyNote ja gestern mehr als deutlich gezeigt. Dass sich da ein CEO auf die Bühne stellt, um ein Gaming-Produkt vorzustellen, und das Intro praktisch mit der Aussage "Eigentlich habe ich mit Spielen ja nichts am Hut..." beginnt, hatte letztlich schon einige Aussagekraft.
Insofern muss man sich natürlich auch schon fragen, ob man enorme Marktmacht noch mit mehr Macht versehen will oder man nicht lieber eine Alternative hätte.
Ich verstehe die Negative haltung gegen Streamen auch nicht.
Ich Nutze Netflix, Spotify und bin damit sehr zufrieden. Hab noch nie in meinem Leben sowiel Musik gehört und Serien gesehen.
Kurzfristig gedacht ist das sicherlich für den Konsumenten eine tolle Sache. Spotify ist für den Endverbraucher aktuell ein absolutes Schlaraffenland, weil man für ziemlich wenig Geld eine immense Auswahl bekommt. Nur hat das ganze System mittel- und langfristig Auswirkungen, die jetzt vielleicht schon erahnbar, aber eben noch nicht spürbar sind.
Denn Du hörst vielleicht derzeit in Deinem Leben so viel Musik wie noch nie, aber im Umkehrschluß haben die Künstler hinter der Musik an Deinem Musikkonsum auch noch nie so wenig verdient wie derzeit. Und diese Balance kippt mit jedem weiteren neuen Musikstück (also nicht dem wiederholten Hören des gleichen Stücks) immer weiter zu Ungunsten der Musiker, da der Preis für dich gleich bleibt, aber die Einnahmen, die durch Dich erzielt werden, auf immer mehr Köpfe verteilt werden müssen.
Und wer verliert bei diesem System am meisten? Das sind nicht die Rolling Stones, U2, Lady Gaga & Co,, weil die immer noch eine Menge Geld durch Konzerte und andere Auftritte machen, sondern es sind vor allem die kleinen Künstler, die Indie-Labels und der Nachwuchs. Die Großen kriegen das natürlich auch zu spüren, aber die holen sich ihre Einbußen bei Plattenverkäufen vor allem durch steigende Eintrittspreise und aggressiveres und teureres Merchandising rein. Diese Möglichkeiten fehlen Nachwuchskünstlern und die Indie-Musikern/-Labels weitestgehend. Und dann kommt halt auch noch hinzu, daß die großen Majors immer risikoscheuer werden und immer weniger Interesse haben, Künster komplett von Null aufzubauen, weil das ein sehr teurer Weg ist, bei dem Erfolg alles andere als garantiert ist. Von daher sind die Majors viel mehr daran interessiert, fertige und etablierte Künstler einzukaufen, aber die müssen irgendwo herkommen. Und genau diese Funktion erfüllen die kleineren oder mittelgroßen Indie-Labels, die dem Nachwuchs oder auch (noch) weniger populären Genres eine Chance geben und so neue Talente fördern. Das hat ja auch lange Zeit geklappt. Viele Labels haben Jahre und Jahrzehnte damit überlebt, in der Nische zu agieren und mit 5000 oder 10000 verkauften Einheiten sowie dem einen oder anderen Hit zwischendurch zu überleben.
Aber dieses Geschäftsmodell gerät durch Streamingdienste massiv ins Wanken, weil nan halt selbst mit 100.000 Streams nicht so viel Einnahmen generiert wie mit effektiven Plattenverkäufen oder verkauften Downloads. Und da kommen wir halt bei dem langfristigen Problem an, das jetzt vielleicht noch nicht spürbar ist, aber in einigen Jahren spürbar sein wird: Wenn die kleineren und mittleren Labels nicht mehr in der Lage sind, neue Künstler und Nischengenres zu pflegen, dann wird sich das auf Dauer auch auf die Populärmusik auswirken, weil einfach neue, frische Künstler fehlen und auch immer weniger Impulse aus den Nischengenres kommen, die in der Popmusik adaptiert und kopiert werden. Und das wird auf Dauer zu einer Verarmung der musikalischen Vielfalt führen. Nicht nur, weil neue Künstler und Impulse fehlen, sondern weil auf Dauer auch vor allem auf Nummer Sicher produziert wird, weil alles andere ein zu hohes finanzielles Risiko darstellt.
Und genau das kann auch der Spieleindustrie passieren. Gesetzt den Fall, dass wir tatsächlich Spielestreaming via Flatrate bekommen, müssen die Einnahmen irgendwie verteilt werden. Und das naheliegendste Modell ist dabei, die Entwickler/Publisher pro gespielter Spielstunde zu entlohnen. Und wer profitiert davon am meisten? Vor allem die Entwickler, die Spiele auf den Markt werfen können, die durch enormen Grind, prozedural generierte Inhalte oder einfach zu produzierenden Füllstoff ihre Spielzeit immer weiter strecken können. Die Studios hingegen, die vor allem narrative und stark künstlerisch geprägte Spiele mit weniger, aber dafür viel durchdesignterem Content produzieren, sind damit praktisch auf der Verliererstraße.
Und dann haben wir am Ende das gleiche Problem wie in der Musikindustrie. Indiestudios werden es immer schwerer haben, was auch zu einem Nachwuchsproblem werden kann, aber zumindest dazu führen wird, dass es immer weniger Nischenspiele gibt, die überleben können und deren Ideen die großen Studios adaptieren können. Und das birgt die enorme Gefahr, dass wir immer mehr gleichförmige Spiele bekommen, die in ihrer Kreativität beschränkt sind, weil man nur noch Geld mit Spielen verdienen kann, die möglichst lange vom Kunden genutzt werden und für die man auf dem möglichst günstigsten Weg Unmengen an Inhalten produzieren kann.
Gut, klar, wenn man jetzt sagt, dass einen das alles interessiert oder berührt, weil man sowie nur grindige MMOs/MMO-Lights andere und Multiplayer-Spiele spielt und nur Musik von Leuten hört, die entweder schon tot oder zumindest nicht mehr aktiv sind, dann können einem der ganze Hintergrund und die daraus entstehenden Konsequezen natürlich ziemlich egal sein, weil sich für einen selbst vermutlich eher wenig ändern wird.
Aber wenn man daran interessiert ist, dass sich Musik und Spiele in irgendeiner Form weiterentwickeln, sollte man sich schon genau überlegen, was für einen Deal man hier unterschreibt. Das gilt letztlich auch für Filme und Serien, aber das Thema interessiert mich nicht so sehr, weshalb ich das mal ausgespart habe.