Es wurde doch schon erwähnt, dass es mit dem Summergamefest einen Ersatz gibt. Geoff Keighley hat offenbar gemerkt, dass sich da eine Lücke auftun wird und die besetzt. Da haste dann auch wieder geballt deine Streams die dann auch nicht anders sind, nur weil sie nicht aus dem Los Angeles Convention Center gestreamt werden (vermutlich wird es sogar ein ähnliches Publikum geben). Du kannst dich da also weiter drüber unterhalten.
Ich bin zwar auch der Meinung, dass die E3 schon lange nicht mehr das ist, was sie mal war. Und in gewisser Weise ist das Konzept auch überholt, weshalb es heutzutage wohl auch nicht mehr funktioniert.
Aber die Keighleys Summer Game Fest ist nicht wirklich eine Alternative. Ich weiß leider nicht mehr wo, aber ich hab gelesen, dass das Summer Game Fest diesmal "nur" 4 Wochen dauern soll. Das einfach viel zu lang. Da hat man wieder das Problem, dass die Informationen so langsam tröpfeln, dass zwar eigentlich jede Meldung mehr Aufmerksamkeit bekommen sollte, aber man irgendwie spätestens nach einer Woche an Tröpfelinformationen einfach müde wird und das "Event" komplett ignoriert. Vor allem, weil halt für einen selber nur ein Bruchteil der Spiele interessant sein wird.
Kommt noch hinzu, dass die Keighley-Shows generell alle viel zu lang sind und absolut miserables Pacing haben.
Und das letzte Problem an der Sache ist, dass die E3-Shows damals wenigstens ehrlich waren. Da hat man halt die Unternehmenssprachrohre auf der Bühne gehabt und das Publikum bestand aus Hardcore-Fans oder Mitarbeitern der entsprechenden Unternehmen.
Die zunehmende Keighleyisierung der Spieleindustrie finde ich wiederum extrem problematisch, weil sie einfach nur ein Symptom der viel zu engen Verflechtung von Spielepresse und Spieleindustrie sind. Da ist ein ehemaliger Spielejournalist, der sich mittlerweile zum größten Corporate Mouthpiece der gesamten Industrie aufgeschwungen hat, aber trotzdem (vor allem mit den Game Awards) immer noch den Eindruck erwecken will, dass er eine neutrale Position inne hat, obwohl seine ganzen Veranstaltungen von Spieleindustrie gesponsort sind. Und das ist halt leider ein generelles Problem, das wir selbst in Deutschland haben, dass Vertreter der vermeintlichen freien und unabhängigen Spielepresse regelmäßig die Seiten wechseln.
Da geht leider ein ganzes Stück Ehrlichkeit und Transpareanz verloren.
Als die E3 noch ein In-Person-Event war, gab es zumindest noch Hands-On-Sessions, bei denen die Spielepresse in der Regel auch ziemlich eindeutig klargemacht hat, was sie dort unter welchen Umständen gesehen haben und in welchem Zustand (Demo, Alpha, usw.) Das ist ein zusätzlicher Filter, der durch die Online-Events mittlerweile auch flöten geht, weshalb die Keighley-Events leider nur noch reine Werbeveranstaltungen sind, den die Tage nach den Pressekonferenzen früher durch zusätzliche Berichte noch schaffen konnten.
Ja, da hat sich die Gaming Landschaft getroffen und es ist schade für die Leute die da nicht mehr hinkommen um miteinander zu schnacken. Aber dadurch ändert sich ja für die Konsumenten nix. Und für die Journalist*innen ist es auch einfacher, weil die nur endlich Zeit haben um die Präsentationen zu verfolgen und darüber zu berichten. Ich kenne das von der GC. Da hat man am Ende auch nur einen kleinen Teil abdecken können und sehr viel verpasst.
Da möchte ich mal deutlich widersprechen. Für die Konsumenten ändert sich sehr viel.
Früher hattest Du ca. 2 Tage, an denen Du geballt Information bekommen hast, auf Grund derer Du Deinen Spiele-Fahrplan für die nächsten paar Monate vorplanen konntest. Heutzutage tröpfelt das alles nur so vor sich hin. Einige Ankündigungen kommen einzeln, andere wieder teilweise etwas geballter in irgendwelchen Shows, und das ganze Zeitfenster, in dem was passiert, ist wesentlich größer geworden. Und das bedeutet am Ende, dass man viel mehr Zeit damit verbringen muss, News zu verfolgen und die für einen relevanten Dinge rauszufiltern.
Das hat zumindest bei mir dazu geführt, dass ich Pre-Release-Informationen mittlerweile großteils komplett ignoriere und ein Spiel für mich eigentlich erst eine Woche oder vielleicht ein paar Wochen vor VÖ wirklich existiert. Was neue Spiele betrifft ist meine Hauptinformationsquelle mittlerweile der Microsoft Store mit seinen "Neue Spele"- und "Demnächst erhältlich"-Bereichen.
Das macht die Sache sicherlich in mancherlei Hinsicht einfacher, weil ich auch nicht mehr so anfällig für Hype bin, aber es führt auch dazu, dass ich Spiele einfach übersehe, weil mir die Namen nichts sagen, die Store-Beschreibungen nicht optimal sind oder die Spiele-Icons im Store nicht attraktiv genug wirken.
Ich war noch nie ein wirklicher Fan von Vorschau-Artikeln und -Videos, weil sich im Laufe der vielen gezeigt hat, dass die oftmals nicht wirklich aussagekräftig in Bezug auf das fertige Spiel waren (oftmals bestanden sie auch fast nur aus PR-Lügen), weshalb ich die schon länger einfach überspringe. Von daher waren die geballten Informationswellen einer E3 zumindest für mich immer sehr hilfreich, um zumindest eine Liste der Spiele, die ich beobachten möchte, zu erstellen. Und zumindest war da halt auch immer klar, dass das einfach reine PR ist. Heutzutage muss man einfach viel mehr Zeit mit dem Filtern verbringen, weil die Informationen über einen so großen Zeitraum hinweg verstreut werden. Denn obwohl ich eigentlich einen recht breiten Spielegeschmack habe, ist es halt doch effektiv so, dass von 100 Spielen, die bei einer E3 vorgestellt wurden, vielleicht nur 20 für mich interessant waren und ich am Ende doch nur 10 davon wirklich gekauft habe.
Und ich würde sogar so weit gehen, dass ich als Spieler durchaus einiges dadurch verliere, dass die E3 als In-Person-Event nicht mehr existiert. Seit Mitte der 2000er mit 1Up Yours hat die E3 mit die besten Podcast- und Video-Inhalte des jeweiligen Jahres hervorgebracht. Alle Journalisten am Ende des Tages voll ausgebrannt in einem Hotel zusammengepfercht... Das war für die Beteiligten sicher nicht einfach, aber grade dieser Overkill an Pressekonferenzen, Präsentation etc. hat teilweise die ehrlichsten Sichten auf die Spieleindustrie hervorgebracht. In einer Form, wie sie in den regulären Formaten oftmals nicht ans Tageslicht kommt.
Und da die gesamte Spielepresse geballt auf einem Haufen saß, sind dadurch auch viele interessante Podcast-Konstellationen zusammengekommen, die sonst unmöglich waren, was zu vielen wirklich interessanten Diskussion führte, die sonst so gar nicht möglich waren.
Natürlich bin ich auch irgendwie froh, dass diese Leute sich jetzt nicht mehr durch diesen E3-Fleischwolf drehen lassen müssen, aber nichtdestotrotz geht dadurch schon etwas verloren.
Und auch wenn ich durchaus das Potenzial darin sehe, dass durch den Weg hin zu gestreamten Events und weg von persönlichen Zusammenkünften zu einer größeren Distanz zwischen Industrie und Presse sehe, bin ich letztlich skeptisch, dass sich diese Distanz am Ende wirklich materialisieren wird, weil es einfach durch Zugang zu Previews und Review-Codes weiterhin zu viele Abhängigkeiten zwischen den beiden Instanzen geben wird. Aber ebenso wie bei den ganzen Influencern werden diese Abhängigkeiten für uns immer intransparenter, weil es einfach keine Events wie die E3 mehr gibt, die einem schon regelrecht eingehämmert haben, wie stark verwoben die einzelnen Instanzen sind, die innerhalb der Spielebranche agieren.
Die größten Probleme sehe ich da vor allem auch in E3-Alternativen, die von größeren Spielemedien wie IGN, Gamespot oder Gamestar organisiert werden. "Find Your Next Game" von Gamestar mag zwar auf dem Papier eine coole Idee sein, verstärkt aber auch nochmal das Problem der Verflechtungen innerhalb der Branche. Denn im Gegensatz zu Berichten über ein Event, das von der Spieleindustrie durchgeführt wird, werden die Spielemedien so selber zu Veranstaltern, wobei sie aber auf eine wesentlich aktivere Mithilfe durch die Industrie angewiesen sind, die weit über das hinaus geht, was die Akkreditierung für E3 durch die ESA bedeutet.
Insofern tue ich mich echt schwer mit dem Gedanken, dass wir als Kunden in dieser neuen PR-Welt ohne E3 wirklich Gewinner sind oder zumindest nichts verlieren. Ich befürchte sogar, dass wir die einzigen großen Verlierer dabei sein werden, weil sich sehr viel für uns ändert.