All the Pretty Horses
Jungspund
Hi,
Hab' zwei ganz interessante Artikel auf Spiegel Online über den gegenwärtigen Stand der Spielekritik gelesen.
Christian Schmidt, ehemals Gamestar, wünscht sich "mehr Geist".
Kernthese: Anstatt die Spiele, die sich auf dem Weg "in die Mitte der Gesellschaft" bewegen würden, quasi feuilletonistisch zu begleiten, richte sich die Spielekritik zu sehr auf die "Hardcore-Gamer" aus, die vorallem interessiere, welche Waffen in dem Spiel vorhanden sind etc. Seiner Meinung nach solle die Kritik "die Funktionsbeschreibung zurückschrauben zugunsten der Interpretation" und funktionale Urteile "ergänzen durch ökonomische, politische, ethische, künstlerische und gesellschaftliche".
Die Folge dieser Entwicklung sei der Weg in die journalistische und ökonomische Bedeutungslosigkeit der Spielemagazine.
Zitat:
-
Petra Fröhlich von PC Games erwidert:
Nicht die Kritiken sind platt, aber viele Spiele
Kernthese: Wer aufrichtig sei müsse attestieren, dass die meisten Spiele ethisch, künstlerisch (...) genauso wenig hergeben würden wie die meisten Spielfilme, Bücher und TV-Serien. Immerhin dienten sie ja "Entertainment und Zerstreuung". Es sei außerdem "mutig" zu glauben, dass man ausgerechnet mit einer quasi soziologisch-feuilletonistischen Sichtweise ein breiteres Publikum ansprechen könne.
Dazu komme, dass sich ein Spiel von Büchern und Filmen durch das "Feature" unterscheide, worunter sie "Grafik, Sound, Bedienung, Multiplayer, Einstieg, Spieltiefe, Spielmodi, Abwechslung." versteht. Folglich müsse die Kritik auf diese Punkte eingehen.
-
Ich persönlich halte die Replik von Frau Fröhlich für überzeugender als den Text von Herrn Schmidt. Insbesondere der Verweis auf das, was sie "Feature" nennt, überzeugt mich, weil ein Spiel nunmal auf aktive Teilnahme abzielt und es insofern naheliegend ist, den Prozess dieser Teilnahme in den Mittelpunkt der Kritik zu stellen. In der Literaturkritik ist es ja auch so, dass der Rhetorik eines Autors sehr viel Platz eingeräumt wird; manche Kritiker halten diese sogar für das letztlich einzig entscheidende und jedenfalls sind viele Schriftsteller (wie Marcel Proust oder Thomas Bernhard) hauptsächlich für ihre Sprache bekannt. Thomas Bernhard meinte sogar, dass die Menschen nicht bewerten sollten, was er schreibe, sondern wie er es schreibe.
Und was die Sprache für das Buch ist, ist das "Feature" eben für das Spiel. Wobei es ja teilweise die unerfreuliche Entwicklung gibt, dass bei der Einordnung von Kunstwerken die politische Botschaft zu stark und der künstlerische Gehalt zu gering geachtet wird. Resultat sind dann gehypte Opern, die musikalisch ein langweiliges Konglomerat aus Grofe und d'Albert sind, aber die eben gehypt werden, weil sie irgendwelche feministischen Themen verarbeiten. Das soll jetzt weiß Gott nicht in so eine "Gutmenschen"-Schelte ausarten, aber ich meine nur, dass man nicht den eigentlichen Kern des jeweiligen Werkes (Ob Spiel oder Buch) ausser Acht lassen darf.
Ich würde mir eher wünschen, dass politische Zeitungen und Magazine die Spiele journalistisch begleiten würden, so wie sie es ja mittlerweile auch mit dem Film tun. Also auch jenseits dieser "Killerspiel"-Debatte. Alternativ hätte ich auch nichts dagegen, wenn Spielezeitschriften mehr Platz für Kolumnen oder allgemein "feuilletonistische" Texte einräumen würden; aber eine Spielekritik sollte sich vorallem auf das beziehen, womit ich hauptsächlich meine Zeit verbringen werde, wenn ich für das Spiel Geld ausgebe.
Ich hätte mir auch gewünscht, dass Herr Schmidt, wenn er schon so aus dem Nähkästchen plaudert, stärker darauf eingeht, inwiefern Kritiker unter Druck gesetzt werden, indem ihnen damit gedroht wird, in Falle von schlechten Kritiken keine Vorabexemplare mehr zu erhalten und sowas.
Hab' zwei ganz interessante Artikel auf Spiegel Online über den gegenwärtigen Stand der Spielekritik gelesen.
Christian Schmidt, ehemals Gamestar, wünscht sich "mehr Geist".
Du hast keine Berechtigung um diesen Link zu sehen.
Logge dich ein oder registriere dich jetzt.
Kernthese: Anstatt die Spiele, die sich auf dem Weg "in die Mitte der Gesellschaft" bewegen würden, quasi feuilletonistisch zu begleiten, richte sich die Spielekritik zu sehr auf die "Hardcore-Gamer" aus, die vorallem interessiere, welche Waffen in dem Spiel vorhanden sind etc. Seiner Meinung nach solle die Kritik "die Funktionsbeschreibung zurückschrauben zugunsten der Interpretation" und funktionale Urteile "ergänzen durch ökonomische, politische, ethische, künstlerische und gesellschaftliche".
Die Folge dieser Entwicklung sei der Weg in die journalistische und ökonomische Bedeutungslosigkeit der Spielemagazine.
Zitat:
Man hätte gehofft, dass das aktuelle "Deus Ex: Human Revolution" nicht nur danach beurteilt wird, wie nah es am ersten "Deus Ex" ist, sondern auch danach, wie glaubhaft seine transhumanistische Zukunftsvision ausfällt und warum.
-
Petra Fröhlich von PC Games erwidert:
Nicht die Kritiken sind platt, aber viele Spiele
Du hast keine Berechtigung um diesen Link zu sehen.
Logge dich ein oder registriere dich jetzt.
Kernthese: Wer aufrichtig sei müsse attestieren, dass die meisten Spiele ethisch, künstlerisch (...) genauso wenig hergeben würden wie die meisten Spielfilme, Bücher und TV-Serien. Immerhin dienten sie ja "Entertainment und Zerstreuung". Es sei außerdem "mutig" zu glauben, dass man ausgerechnet mit einer quasi soziologisch-feuilletonistischen Sichtweise ein breiteres Publikum ansprechen könne.
Sie weist ausserdem darauf hin, dass Spielezeitschriften vorallem deshalb "Hardcore-Gamer" erreichten, weil nicht jeder, der Spiele spielt, gleichzeitig ein Spiele-Fan sei. (Genau wie im Fußball und dem Sportjournalismus.) Sie selber habe diese Lektion (Spieler =/= Spiele-Fan mit Interesse an begleitenden Magazinen etc.) gelernt, als ihr Spielemagazin für Frauen gescheitert sei.Man könnte sich beispielsweise intellektuell mit dem Szenario auseinandersetzen, das der jüngst erschienene Ego-Shooter "Homefront" entwirft: Schauplatz sind die USA des Jahres 2027, die sich mit der Besatzung durch das kommunistische Nordkorea konfrontiert sehen. Interessante Idee. In erster Linie aber ist "Homefront" kein wirklich gutes Spiel - eintöniger Verlauf, stupide Gegner, technisch veraltet und nach fünf Stunden ist alles vorbei.
Dazu komme, dass sich ein Spiel von Büchern und Filmen durch das "Feature" unterscheide, worunter sie "Grafik, Sound, Bedienung, Multiplayer, Einstieg, Spieltiefe, Spielmodi, Abwechslung." versteht. Folglich müsse die Kritik auf diese Punkte eingehen.
-
Ich persönlich halte die Replik von Frau Fröhlich für überzeugender als den Text von Herrn Schmidt. Insbesondere der Verweis auf das, was sie "Feature" nennt, überzeugt mich, weil ein Spiel nunmal auf aktive Teilnahme abzielt und es insofern naheliegend ist, den Prozess dieser Teilnahme in den Mittelpunkt der Kritik zu stellen. In der Literaturkritik ist es ja auch so, dass der Rhetorik eines Autors sehr viel Platz eingeräumt wird; manche Kritiker halten diese sogar für das letztlich einzig entscheidende und jedenfalls sind viele Schriftsteller (wie Marcel Proust oder Thomas Bernhard) hauptsächlich für ihre Sprache bekannt. Thomas Bernhard meinte sogar, dass die Menschen nicht bewerten sollten, was er schreibe, sondern wie er es schreibe.
Und was die Sprache für das Buch ist, ist das "Feature" eben für das Spiel. Wobei es ja teilweise die unerfreuliche Entwicklung gibt, dass bei der Einordnung von Kunstwerken die politische Botschaft zu stark und der künstlerische Gehalt zu gering geachtet wird. Resultat sind dann gehypte Opern, die musikalisch ein langweiliges Konglomerat aus Grofe und d'Albert sind, aber die eben gehypt werden, weil sie irgendwelche feministischen Themen verarbeiten. Das soll jetzt weiß Gott nicht in so eine "Gutmenschen"-Schelte ausarten, aber ich meine nur, dass man nicht den eigentlichen Kern des jeweiligen Werkes (Ob Spiel oder Buch) ausser Acht lassen darf.
Ich würde mir eher wünschen, dass politische Zeitungen und Magazine die Spiele journalistisch begleiten würden, so wie sie es ja mittlerweile auch mit dem Film tun. Also auch jenseits dieser "Killerspiel"-Debatte. Alternativ hätte ich auch nichts dagegen, wenn Spielezeitschriften mehr Platz für Kolumnen oder allgemein "feuilletonistische" Texte einräumen würden; aber eine Spielekritik sollte sich vorallem auf das beziehen, womit ich hauptsächlich meine Zeit verbringen werde, wenn ich für das Spiel Geld ausgebe.
Ich hätte mir auch gewünscht, dass Herr Schmidt, wenn er schon so aus dem Nähkästchen plaudert, stärker darauf eingeht, inwiefern Kritiker unter Druck gesetzt werden, indem ihnen damit gedroht wird, in Falle von schlechten Kritiken keine Vorabexemplare mehr zu erhalten und sowas.